Im Jahr 2015 befand sich der Markt für Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland in einer spannenden Entwicklungsphase. Zwischen zunehmender Gesundheitsorientierung der Verbraucher, komplexen rechtlichen Vorgaben und wachsender Produktvielfalt suchten Hersteller und Konsumenten gleichermaßen nach Orientierung. Dieser Beitrag bietet einen Überblick über den Markt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die wichtigsten Trends des Jahres 2015.
Rechtliche Grundlagen für Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland
EU-Richtlinien und nationale Gesetze
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) werden in Deutschland rechtlich als Lebensmittel eingestuft – nicht als Arzneimittel. Damit unterliegen sie der europäischen und deutschen Lebensmittelgesetzgebung.
Die wichtigsten Vorschriften im Jahr 2015 waren:
-
EU-Richtlinie 2002/46/EG, die festlegt, welche Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden dürfen.
-
Die deutsche Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV), welche die EU-Vorgaben umsetzt und nationale Anforderungen (z. B. Kennzeichnung, Anzeigepflicht) ergänzt.
-
Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), das allgemeine Sicherheits- und Kennzeichnungspflichten regelt.
Somit musste jedes Produkt sowohl den EU- als auch den deutschen Vorschriften entsprechen.
Anzeigepflicht statt Zulassung
Ein zentrales Merkmal des deutschen Systems war (und ist), dass Nahrungsergänzungsmittel keiner Zulassungspflichtunterliegen. Hersteller oder Importeure mussten ihr Produkt lediglich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) anzeigen – also eine sogenannte „Anzeige gemäß § 5 NemV“ einreichen.
Diese Anzeige enthält u. a.:
-
Zusammensetzung und empfohlene Tagesdosis
-
Etikett und Verpackungsinformationen
-
Warnhinweise und besondere Hinweise zur Anwendung
-
ggf. Sicherheits- oder Toxikologiedaten
Das BVL prüfte diese Angaben jedoch nicht inhaltlich. Die Verantwortung für Sicherheit und Rechtskonformität lag vollständig beim Hersteller. Verstöße konnten später durch die Lebensmittelüberwachung der Bundesländer geahndet werden.
Inhaltsstoffe, Höchstmengen und Health Claims
-
Die NemV legt genau fest, welche Vitamine und Mineralstoffe in welcher Form verwendet werden dürfen.
-
Für pflanzliche Stoffe, Aminosäuren oder sekundäre Pflanzenstoffe gab es 2015 weniger konkrete Regelungen, solange sie als Lebensmittelzutat gelten.
-
Verbindliche Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe waren 2015 in Deutschland noch nicht festgelegt. Risiken wurden im Einzelfall durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bewertet.
-
Gesundheitsbezogene Aussagen (Health Claims) waren nur erlaubt, wenn sie gemäß der EU-Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 wissenschaftlich geprüft und zugelassen waren.
-
Kennzeichnungspflicht: Alle Pflichtangaben mussten auf Deutsch erfolgen, einschließlich Dosierung, Inhaltsstoffliste, Warnhinweisen und Haltbarkeitsdatum.
Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland im Jahr 2015
Marktvolumen und Wachstum
2015 war der Markt für Nahrungsergänzungsmittel ein wichtiger Teil des wachsenden Gesundheits- und Präventionssektors.
Deutschland zählte zu den größten Märkten Europas – getrieben durch eine alternde Bevölkerung, steigendes Gesundheitsbewusstsein und eine starke Apotheken- und Drogeriekultur.
Vertriebswege
Die wichtigsten Vertriebskanäle im Jahr 2015 waren:
-
Apotheken und Drogerien (z. B. dm, Rossmann)
-
Reformhäuser und Bioläden
-
Online-Shops, die zunehmend an Bedeutung gewannen
-
Fitness- und Ernährungsfachgeschäfte
Der Onlinehandel war zu diesem Zeitpunkt noch im Wachstum, entwickelte sich aber schnell zu einem zentralen Absatzkanal für Nahrungsergänzungsmittel.
Verbraucherverhalten und Trends
Im Jahr 2015 zeigte sich in Deutschland ein klarer Trend hin zu bewusstem Konsum und Prävention.
Typische Entwicklungen:
-
Verbraucher wollten ihre Ernährung gezielt ergänzen, um mögliche Nährstofflücken zu schließen.
-
Besonders beliebt waren Multivitaminpräparate, Magnesium-, Calcium- und Omega-3-Produkte.
-
Natürliche und „saubere“ Inhaltsstoffe galten als besonders vertrauenswürdig.
-
Gleichzeitig war die Skepsis gegenüber übertriebenen Gesundheitsversprechen hoch – viele Verbraucher vertrauten auf wissenschaftlich belegte Aussagen und bekannte Marken.
Herausforderungen und Risiken im Jahr 2015
Trotz des Wachstums standen Hersteller und Händler vor einigen Herausforderungen:
-
Grauzonen bei neuartigen Inhaltsstoffen: Für viele pflanzliche Extrakte oder neuartige Substanzen fehlten klare rechtliche Vorgaben.
-
Fehlende Höchstmengen: Ohne verbindliche Obergrenzen bestand das Risiko von Überdosierungen, insbesondere bei fettlöslichen Vitaminen.
-
Unzulässige Health Claims: Verstöße gegen die Health-Claims-Verordnung führten häufig zu Abmahnungen.
-
Produktverfälschungen: Besonders im Bereich Sport- und Abnehmprodukte wurden vereinzelt nicht deklarierte pharmakologisch wirksame Stoffe entdeckt.
-
Starker Wettbewerb: Der Markt war von etablierten Marken geprägt – neue Anbieter mussten durch Qualität, Transparenz und Innovation überzeugen.
Fazit: Ein dynamischer Markt mit hohen Anforderungen
Rückblickend zeigt das Jahr 2015, wie sich der deutsche Markt für Nahrungsergänzungsmittel professionalisierte. Hersteller mussten:
-
strenge Kennzeichnungs- und Anzeigepflichten erfüllen,
-
rechtssichere Health Claims nutzen,
-
und Verbrauchervertrauen durch Qualität und Transparenz aufbauen.
Gleichzeitig profitierte der Markt vom wachsenden Gesundheitsbewusstsein und der zunehmenden Online-Affinität der Kunden. Viele heutige Entwicklungen – etwa personalisierte Nahrungsergänzung oder Nachhaltigkeit in der Produktion – haben hier ihren Ursprung.

